Manchmal fühlt es sich an, als würde man im Marketing ständig mit verschärften Spielregeln konfrontiert. Gerade, wenn man denkt, man habe sich an Googles Logik gewöhnt, kommt das nächste Update um die Ecke. In letzter Zeit ist es vor allem das Thema Zero-Click-Suchen, das vielen Marketern Kopfzerbrechen bereitet. Nutzer tippen eine Frage ein, und anstatt sich durchzuklicken, bleibt die Antwort direkt auf der Suchergebnisseite stehen. Bequem für User, aber für Marken bedeutet das: weniger Chancen auf Klicks, weniger Sichtbarkeit auf der eigenen Seite – und eine wachsende Lücke bei der Markenbekanntheit.
Genau über diese Lücke möchte ich dich mitnehmen. Sie beeinflusst nicht nur SEO, sondern die gesamte Art, wie du deine Marke im digitalen Raum sichtbar machen musst. Das Ganze ist kein Weltuntergang, eher eine neue Spielart, bei der man die Regeln verstehen und mitspielen sollte.
Zero-Click – was steckt wirklich dahinter?
Zero-Click-Suchen entstehen, wenn Nutzer eine Antwort direkt schon auf der Ergebnisseite finden – sei es in Form von AI Overviews, einem Knowledge Panel oder in diesen endlosen „People Also Ask“-Boxen. Gefühlt scrollt man eine Ewigkeit, bis man überhaupt die klassischen blauen Links zu sehen bekommt. Und seien wir ehrlich – die wenigsten scrollen überhaupt so weit.
Für uns Marketer bedeutet das: Selbst wenn du auf Platz 1 stehst, kann es sein, dass dieser Rang dir kaum echten Traffic bringt. Dein Name wird zwar möglicherweise kurz wahrgenommen, aber das ist es oft schon. Die eigentlichen KPIs – Klicks, Verweildauer, Conversions – sehen dann aus, als wären deine Maßnahmen weniger wert. Dabei stimmt das gar nicht zwingend. Es ist nur so: der Nutzer bleibt auf der Plattform und die Messbarkeit verschiebt sich.
Die Awareness Gap
Es gibt dafür inzwischen einen Begriff: die Awareness Gap. Deine Inhalte werden zwar gesehen (oder zumindest angedeutet dargestellt), aber dieser Impact taucht in deinen Daten kaum auf. Für Verantwortliche im Unternehmen wirkt es dann so, als würdest du „weniger performen“, obwohl deine Marke im Kopf durchaus präsenter wird. Das bringt uns zum eigentlichen Kernproblem: Wie misst du Sichtbarkeit, wenn Klicks kein verlässlicher Indikator mehr sind?
Warum organische Strategien allein nicht mehr reichen
Früher konnte man sagen: „Wir optimieren für SEO, schreiben gute Inhalte, sorgen für Backlinks – und die User kommen.“ Das funktioniert zwar immer noch, aber es reicht zunehmend nicht aus. Vor allem am Anfang der Customer Journey gehen viele Kontakte verloren, weil Nutzer eben keine Klicks mehr tätigen. Das bedeutet: weniger Touchpoints, weniger Raum, deine Marke mit deiner eigentlichen Botschaft zu platzieren.
Besonders betroffen sind Suchanfragen in der Informationsphase. Typische Fragen wie „Was ist…?“, „Wie funktioniert…?“ oder „Warum passiert…?“ landen fast vollständig in den Händen der Zero-Click-Mechanismen. Da verschwinden Monate an Content-Arbeit schnell hinter einem AI-Panel. Hier entstehen gleich zwei Risiken: deine Markengeschichte kommt nicht rüber – und der Wettbewerb könnte sich durch Ads schlichtweg davor platzieren.
Der nächste Schritt: Wie du Sichtbarkeit zurückeroberst
Wenn man ehrlich ist, bleibt nur eine Antwort: Man muss aktiv dort erscheinen, wo Nutzer hinschauen. Und das geht nicht nur mit SEO. Werbung ist mittlerweile kein nettes Add-on mehr, sondern eine strategische Ergänzung, um diese Awareness Gap zu schließen. Entscheidend ist, die bezahlten Formate so einzusetzen, dass sie deine organische Arbeit verstärken – und nicht ersetzen.
1. Bewusst Werbung für Awareness einsetzen
Viele Unternehmen scheuen Werbung noch immer, weil sie „zu teuer“ oder „zu absatzfokussiert“ wirkt. Doch es geht gar nicht immer um Conversions im ersten Schritt. Ein Banner, ein Sponsored Placement oder ein gut gezielter Suchanzeigen-Block kann schon reichen, um Nutzer früh anzusprechen. Selbst wenn sie nicht klicken, nimmt das Auge dein Logo wahr. Und dieses „frühe Wiedersehen“ ist maßgeblich für spätere Conversions – man erinnert sich schlicht an dich.
Ein Beispiel: Stell dir vor, du suchst nach „Was ist Programmatic Advertising?“ und oben erscheinen direkt zwei Einblendungen der gleichen Marke – einmal als organisches Snippet, einmal als Anzeige. Psychologisch entsteht dadurch Autorität. Als Nutzer denkst du: „Die Marke muss wohl der Platzhirsch zum Thema sein.“ Das ist der Halo-Effekt, den man bewusst nutzen sollte.
2. Messung anpassen – Klicks sind nicht alles
Hier sehe ich in meiner Praxis oft den größten Fehler: Unternehmen messen weiter stumpf nur den Traffic. Doch eigentlich muss man viel mehr auf Indikatoren wie Brand Search Volume schauen. Wenn Leute plötzlich häufiger nach deiner Marke googeln, dann weißt du: sie haben dich wahrgenommen. Auch Impressionen in Ads können ein Frühindikator sein. Ja, es sind keine Klicks, aber sichtbar warst du – und genau das zählt im Zero-Click-Umfeld. Ergänzend lohnt sich ein Blick auf Community-Plattformen und Social Mentions. Oftmals taucht dort die tatsächliche Weiterführung der Recherche auf.
3. Das Top-Management umdenken lassen
Das vielleicht kniffligste Thema: die Kommunikation mit der eigenen Führungsebene. Viele Entscheider sind seit Jahren darauf gedrillt: „Traffic = Erfolg.“ Dieses Paradigma passt aber heute nicht mehr. Deine Aufgabe ist, den Shift zu erklären: Dass Sichtbarkeit und Präsenz die neue Währung sind. Wenn deine Marke in AI-Antworten, in Snippets oder in Foren aufploppt, dann ist das wertvoll – auch wenn es in Analytics nicht sofort sichtbar ist. Du solltest also die Geschichte so erzählen: „Wir erzielen Wahrnehmung in einem Spielfeld, das sich verändert hat – es ist nicht weniger, es ist nur anders messbar.“
Fazit: Zero-Click als Chance
Auch wenn es sich anfangs frustrierend anfühlt: diese Zero-Click-Welt eröffnet auch Potenziale. Weil alle über die gleichen Hürden stolpern, gewinnen die Marken, die am schnellsten umdenken. Wenn du früh auf das Zusammenspiel von SEO und Ads setzt, wenn du dich auf neue KPIs einstellst und deine Führung mitnimmst, verschaffst du dir einen Vorteil. Am Ende geht es weniger um den sofortigen Klick, sondern darum, ob Menschen dich im richtigen Moment erinnern. Und diese Erinnerung ist letztlich das, was Conversions langfristig treibt.
Für mich persönlich ist klar: Wer die Awareness Gap ignoriert, verliert an Sichtbarkeit. Wer sie als Herausforderung akzeptiert, hat die Chance, nachhaltige Markenbekanntheit aufzubauen – auch in einer Welt, in der Google die Aufmerksamkeit immer mehr bei sich behält.














