Manchmal frage ich mich, ob Google selbst noch genau weiß, wohin sich das Suchsystem entwickelt. In letzter Zeit verschiebt sich viel – besonders durch KI-generierte Suchergebnisse, die sogenannten
AI Overviews. Dabei geht es längst nicht nur darum, wie Informationen präsentiert werden, sondern auch darum, welche Art von Inhalten Nutzer wirklich anklicken. Ich fasse dir hier
zusammen, was die Führungsebene bei Google dazu gesagt hat, und was sich daraus praktisch für dich ableiten lässt.
Wie Nutzerverhalten das Ranking prägt
Liz Reid, Vizepräsidentin für die Google-Suche, erklärte in einem Gespräch, dass sich der Algorithmus stärker an den Wünschen der Nutzer ausrichtet. Wenn viele lieber kurze Videos konsumieren oder
Diskussionen in Foren bevorzugen, erkennt das System das und passt sich automatisch daran an. Genau genommen „lernt“ die Suche also stetig aus unseren Klicks und Scrollbewegungen.
Bedeutet das: Qualität ist zweitrangig? Ganz sicher nicht. Reid sagt deutlich, dass Google zwar hochwertige Inhalte zeigen will, aber diese Qualität eben im Kontext des Nutzerinteresses bewertet.
Aus meinen Erfahrungen im Content‑Marketing kann ich bestätigen, dass dieser Mechanismus schon länger greift. Wenn Menschen auf einem Thema eher kurze Erklärvideos bevorzugen, ist ein 3000‑Wörter‑Blogpost kaum konkurrenzfähig – unabhängig davon, wie gut er geschrieben ist.
KI darf, aber nicht alles
Viele Autoren nehmen an, dass alles, was mit Hilfe von KI erstellt wird, automatisch als Spam gilt. Das ist falsch. Reid betont,
KI‑Inhalte sind nicht per se „böse“. Entscheidend ist ihre
Substanz – ob sie Mehrwert bieten oder nur zusammengewürfelte Standardtexte sind. Das erinnert an die alte SEO‑Regel von „unique content“, nur dass sie heute stärker auf Tiefe und menschlichen
Blickwinkel abzielt.
Ich sehe das ähnlich: Wenn du GPT oder vergleichbare Tools nutzt, aber deine eigene Perspektive, Fachtiefe und Sprache einbringst, kann der Text sehr wohl bestehen – wahrscheinlich sogar gut.
Aber KI‑Texte, die wie Copy‑Paste ohne Gedanken wirken, verlieren an Sichtbarkeit. Genau das ist gemeint, wenn Google vom „AI slop“ spricht – also „KI‑Brei“, der weder Persönlichkeit noch Nutzen hat.
Worauf Menschen wirklich klicken
Interessant wird es bei der Frage,
welcher Inhalt in den KI‑Übersichten Klicks bekommt. Laut Reid bevorzugen Nutzer Seiten mit
Tiefe, Perspektive und echtem Wissen. Oberflächliche oder nur nacherzählte Inhalte führen dagegen zu sogenannten „Bounce Clicks“ – jemand klickt, merkt gleich: Nichts Neues, und kehrt sofort zurück.
Wenn du schon länger Onlineinhalte produzierst, kennst du dieses Muster. Das Engagement entsteht, wenn der Leser spürt, dass da jemand wirklich versteht, wovon er spricht.
AI Overviews verstärken diesen Effekt: Je mehr deine Seite durch Gedanken, Beispiele, Erfahrungen oder Fachwissen auffällt, desto eher bleibt sie dort sichtbar. Reine Zusammenfassungen oder
automatisierte Listen schneiden schlecht ab.
Ich würde es so formulieren: In einer Welt der generischen Texte zählt das Besondere wieder mehr.
Google versucht, genau dieses Besondere algorithmisch zu erkennen – über Klickmuster, Verweildauer
und vieles, was du nicht direkt messen kannst.
Was Google unter Spam und Qualität versteht
Ein spannender Punkt ist, dass Google den Begriff „Spam“ breiter auslegt. Reid erklärte, man sehe inzwischen nicht nur klassischen Keyword‑Müll als Spam an, sondern auch
jedes „Low‑Value Content“, also Texte, die bloß nachplappern, was ohnehin bekannt ist. Damit wird selbst brav wiederkauende Informationsware quasi zu Spam.
Das ist schärfer, als es klingt. Früher galt dünner Content als minderwertig, aber nicht gleich spammy.
Heute kann selbst ein formal sauberer Beitrag abgewertet werden, wenn er keine eigene Perspektive liefert.
Gleichzeitig „up‑weightet“ Google Inhalte, die von jemandem stammen, der seine Expertise wirklich einbringt – also Handwerkswissen, persönliche Einsicht, echte Analyse. Reid beschreibt das als
„time and craft“: wer Mühe und handwerkliches Können investiert, wird bevorzugt.
Ich muss sagen, das entspricht ziemlich genau dem, was ich in Kundenprojekten beobachte. Artikel, die mit klarer Haltung und Verständnis geschrieben sind, performen stabil, selbst wenn das Suchvolumen
gering ist. Was dagegen als austauschbar wirkt, fällt früher oder später aus dem Sichtfeld.
Zusammengefasst:
- Wiederholte Standardtexte gelten inzwischen fast als Spam.
- Eigene Sichtweisen, Erfahrungen und Fachwissen heben dich algorithmisch hervor.
- Der Aufwand („Craft“) ist messbar – nicht über Zeit, sondern über erkennbare Tiefe.
Drei praktische Schlussfolgerungen
1. Schreibe tiefer, nicht länger
Laut Reid klicken Nutzer in den KI‑Ergebnissen auf „richer and deeper“ Content. Und das zeigt sich – komplexe, aber verständlich erklärte Themen schneiden deutlich besser ab.
Quantität reicht nicht. Wenn du also deine Texte oder Videos planst, frag dich: Lerne ich davon selbst etwas Neues?
Wenn die Antwort Nein ist, wird es der Nutzer ebenfalls so empfinden.
2. Zeig Persönlichkeit
„People want content from that human perspective.“ Diese Aussage ist zentral.
Was also heißt das? Bring deine Stimme ins Spiel. Beschreib, wie du etwas ausprobiert hast, was schiefging, welche Erkenntnis du daraus gezogen hast. Solche Passagen schaffen Vertrauen und
Differenzierung – beides sind heute Ranking‑Signale, direkt oder indirekt.
3. Dokumentiere dein Handwerk
„Put real time and craft into the work.“ Googles Systeme erkennen, ob du Erfahrungen belegst, ob du erklärst, wie du zu deinen Ergebnissen kommst. Das ist keine Magie, sondern logisches
Nutzerfeedback: Wer echtes Wissen teilt, bekommt mehr positive Signale.
Ich finde den Begriff Craft sehr treffend – es geht um handwerkliche Liebe zum Detail, nicht um aufpolierte Perfektion.
Konsequenzen für die Content‑Strategie
Wenn du Inhalte für KI‑Suchumfelder optimieren willst – und das wird sich kaum vermeiden lassen –, musst du im Grunde das Gleiche tun, was gutes Storytelling schon immer verlangt:
authentisch sein, fundiert, mit erkennbarer Perspektive. Der grobe „10x Content“-Ansatz, alles Bestehende noch mal größer und bunter zu machen, wirkt dagegen kontraproduktiv. Google möchte nicht
mehr Quantität, sondern Beitrag.
Ich persönlich glaube, dass sich durch AI Overviews eine neue Art von Suchökonomie bildet.
Nicht mehr jede Suchanfrage führt zu vielen Klicks, aber die, die bleiben, gehen an die besten Inhalte – solche, die Substanz und Persönlichkeit verbinden.
Es ist ein bisschen, als würde Google das ursprüngliche Ideal des Webs wiederbeleben: Menschen teilen Wissen, weil sie wirklich etwas zu sagen haben.
Fazit: Was zählt, ist Handwerk und Haltung
Aus all dem lässt sich ableiten:
Google misst Individualität und Tiefe höher als je zuvor.
KI kann dabei helfen, Ideen zu strukturieren oder Daten zu sichten, aber die Richtung vorgibt der Mensch. Alles, was nur spiegelt, was sowieso schon existiert, hat geringere
Chancen – und fällt zunehmend unter denselben Begriff wie Spam.
Wenn du Inhalte produzierst, die Bestand haben sollen, denk weniger an den Algorithmus und mehr an die Wirkung beim Leser.
Schreibe so, dass jemand tatsächlich etwas Neues mitnimmt – und nicht nur die Bestätigung dessen bekommt, was er schon wusste.
Denn genau diese Art von Erfahrung will Google derzeit nach oben bringen. Und ganz ehrlich: Es fühlt sich sogar richtig an.














