Suchänderungen bei Google haben immer Wellen geschlagen – und diesmal ist es nicht anders. Google hat bestätigt, dass der Suchalgorithmus angepasst wurde, um mehr Kurzvideos, Forenbeiträge und nutzergenerierte Inhalte (UGC) prominenter anzuzeigen. Laut Liz Reid, Vice President of Search bei Google, ist das kein zufälliges Experiment, sondern eine Reaktion auf die deutliche Veränderung des Nutzerverhaltens.
Warum Google seine Suchergebnisse umbaut
Reid hat ein interessantes Detail verraten: Viele Menschen, insbesondere Jüngere, suchen nicht mehr automatisch bei Google nach Antworten. Stattdessen landen sie auf Plattformen wie TikTok, Reddit oder YouTube. Sie wollen dort echte Stimmen hören, Erfahrungen sehen, Erlebnisse nachvollziehen. Diese Verschiebung zwingt Google, den Spagat zwischen traditionellen Webseiten und diesem neuen, unmittelbaren Content zu meistern.
In ihren Worten: Wenn Nutzer lieber von anderen Nutzern lernen wollen, muss Google darauf reagieren. So einfach, so schwierig zugleich. Denn Google möchte weiterhin qualitativ hochwertige Informationen liefern – aber eben auf den Kanälen, die Menschen tatsächlich nutzen.
Von Rezepten bis Rezensionen – das neue Nutzerverhalten
Ein einfaches Beispiel zeigt den Wandel: Früher hast du dein Rezept wahrscheinlich aus einer Zeitung oder einem Blog. Heute scrollen viele lieber durch kurze Kochclips auf YouTube oder Instagram, wo echte Menschen das Essen in Echtzeit zubereiten. Genau diese Art von Content spiegelt Google zunehmend in seinen Ergebnissen wider.
Das heißt natürlich auch: Klassische Websites geraten stärker in Konkurrenz mit Formaten, die spontaner, visueller und persönlicher wirken. Besonders Foren oder Plattformen, auf denen Menschen direkt diskutieren, bekommen mehr Sichtbarkeit. Reddit-Threads, YouTube-Kommentare oder sogar Posts aus Nischencommunities können plötzlich weit oben ranken.
Zwischen Gewinnern und Verlierern
Reid sagt selbst: „Bei jeder Ranking-Änderung gibt es Gewinner und Verlierer.“ Das ist keine neue Erkenntnis, aber sie ist diesmal besonders brisant. Denn jetzt geht es nicht nur um technische SEO-Faktoren, sondern um das Format des Inhalts. Ein perfekt optimierter Ratgebertext kann gegen ein lebendiges Video oder einen ausführlichen Forenbeitrag verlieren – einfach weil letzterer näher am Nutzergefühl liegt.
Das bedeutet nicht, dass traditionelle Inhalte verschwinden. Aber sie konkurrieren um Aufmerksamkeit auf einer Bühne, die sich erweitert und beschleunigt hat. Nutzerinteraktion, Authentizität und Kontext gewinnen an Gewicht.
Wenn KI das Suchverhalten verändert
Ein weiterer Aspekt spielt hier hinein: AI Overviews, also die automatisch generierten Antworten von Google, beeinflussen nicht nur die Klickverteilung, sondern auch die Anzahl der Suchanfragen. Reid meint, dass insgesamt mehr gesucht wird, selbst wenn einige Anfragen weniger Anzeigen oder Klicks bekommen. Der Grund: KI-gestützte Funktionen erleichtern den Einstieg und regen zu weiteren Suchschleifen an – wie ein Gespräch, das immer neue Fragen aufwirft.
Trotzdem bleibt ein Fakt: Die meisten Suchanfragen haben weiterhin keine Anzeigen. Damit ist Werbung zwar betroffen, aber nicht das Leitthema dieses Wandels. Spannender ist die Frage der Relevanz – wie Google entscheidet, was wirklich hilfreich ist.
Neue Qualitätsmaßstäbe: Von Spam zu Wert
Was früher als Spam galt, wird heute präziser unterschieden. Google spricht nicht mehr nur von „Vermeidung von Spam“, sondern auch von der Eindämmung von Low-Value Content – also Inhalten, die zwar existieren, aber kaum Mehrwert bieten. Die Betonung liegt auf Tiefe, Substanz und echten Erfahrungen. Das deckt sich auch mit den neueren Core Updates, die „First-Hand Experience“ belohnen.
Interessant ist, dass Reid dabei auf einen neuen Mechanismus bei der Quellenkennzeichnung hinweist: Inline-Zitate mit sichtbaren Links und Autorenbezug. So können Nutzer direkt sehen, woher eine Aussage stammt – eine Art Mini-Anker für Vertrauen in KI-generierten Ergebnissen.
Wie Google testet, was funktioniert
Google führt diese Anpassungen nicht blind durch. Reid beschreibt eine Feedbackschleife: Man beobachtet, was Nutzer wollen, testet Änderungen, wertet das Verhalten aus – und passt das System weiter an. Es ist also kein starrer Prozess, sondern ein lernendes Modell. Interessanterweise fließt hier nicht nur maschinelles Lernen ein, sondern auch menschliches Verhalten – das komplexe Zusammenspiel zwischen Technik und Psychologie.
Was das für dich bedeutet
Wenn du Websites betreibst oder Inhalte erstellst, musst du jetzt genauer hinschauen. Es kann sein, dass Traffic verloren geht, obwohl die Seitenqualität unverändert gut ist. Der Grund könnte schlicht sein, dass Google mehr Platz für Videos, Threads oder Posts reserviert. Prüfe also, wo du im Umfeld der Suchergebnisse erscheinst und welche Formate dich verdrängen könnten.
Manchmal reicht es nicht mehr, Texte zu verbessern – du musst über Formatvielfalt nachdenken. Das kann heißen, deine Inhalte zusätzlich als Kurzvideos oder Diskussionsbeiträge aufzubereiten. Sichtbarkeit ist heute mehrdimensional: Blog, Video, Social Clip, Forenpräsenz – alles gehört zusammen.
Offene Fragen und Grauzonen
Noch ist unklar, wann genau diese neuen Signale eingeführt wurden oder wie stark sie gewichtet sind. Auch bleibt offen, welche Themenbereiche besonders betroffen sind. Manche Branchen – etwa Lifestyle, Technik oder Kochen – sind naturgemäß stärker von Nutzervideos durchdrungen als konservativere Felder wie Finanzen oder Medizin.
Viele SEO-Analysten vermuten, dass Google den Anteil an UGC-basierten Ergebnissen noch weiter ausbauen wird. Die Herausforderung: Wie behält man Qualität bei, wenn jedermann publiziert? Reid betont, dass „tiefere Inhalte“ eher Klicks generieren, besonders, wenn sie von echten Menschen kommen. Das könnte der neue Kompass sein: Authentizität schlägt Perfektion.
Ein Blick in die Zukunft
Mein Eindruck: Google positioniert sich in dieser Phase neu zwischen Plattform, Suchmaschine und sozialem Ökosystem. Der Fokus verschiebt sich von „Information finden“ hin zu „Erfahrungen erleben“. Kurze Clips, Diskussionen und persönliche Eindrücke sind keine Nebengeräusche mehr, sondern Teil des Suchzentrums.
Wenn du also planst, deine Inhalte langfristig erfolgreich zu halten, konzentriere dich nicht nur auf Rankings – sondern darauf, wie dein Wissen in unterschiedlichen Formen ankommt. Baue Brücken zwischen Expertise und Erlebnis. Vielleicht ist dein Text die Basis, aber dein Video oder dein Forenbeitrag hält die Aufmerksamkeit.
Suchmaschinenoptimierung bleibt wichtig, doch sie wird emotionaler, vielseitiger, menschlicher. Und vielleicht ist das gar keine schlechte Entwicklung – solange wir nicht vergessen, dass hinter allem ein echtes Bedürfnis steht: Menschen wollen verstehen, nicht nur suchen.














