CMO und CTO Konflikt: Ihr Wachstum bleibt stecken

Tom Brigl  –

Veröffentlicht:

07.11.2025,

Letzte Aktualisierung:

07.11.2025
Inhaltsverzeichnis

In vielen Unternehmen herrscht ein stiller, aber teurer Stillstand zwischen zwei entscheidenden Kräften: dem CMO (Chief Marketing Officer) und dem CTO (Chief Technology Officer). Beide verfolgen im Grunde dasselbe Ziel – Wachstum – doch sie messen Erfolg auf völlig unterschiedliche Weise. Auf der einen Seite steht das kreative Marketing, das schnelle Kampagnen, Flexibilität und Sichtbarkeit fordert. Auf der anderen Seite die Technologie, die Stabilität, Sicherheit und langfristige Skalierbarkeit sichern muss. Was eigentlich eine Partnerschaft sein sollte, wird häufig zur Reibungsfläche, die digitale Entwicklung ausbremst.

Ein gemeinsames Ziel – aber unterschiedliche Sprachen

Der CMO kümmert sich um Reichweite, Branding, Inhalte und Conversion. Der CTO dagegen denkt in Server-Logs, Infrastruktur und Sicherheitsprotokollen. Das klingt zunächst nach zwei völlig verschiedenen Welten – und genau darin liegt das Problem. Jede Seite kämpft mit unterschiedlichen Prioritäten, Budgetvorgaben und Erfolgskriterien. Der eine will die Website schnellstens für neue Kampagnen optimieren, der andere will verhindern, dass instabile Codeänderungen Performance oder Uptime gefährden.

Ich habe über die Jahre unzählige digitale Projekte gesehen, bei denen diese unkoordinierten Strömungen zu echten Unternehmensrisiken wurden: langsame Websites, blockierte SEO-Maßnahmen, abgebrochene Releases oder schlechte Suchrankings. Nicht, weil jemand seine Arbeit schlecht gemacht hätte, sondern weil es keine gemeinsame Definition von Erfolg gab.

Wenn Ziele gegeneinander arbeiten

Typisch sieht das so aus: Das Marketing-Team will eine neue Landingpage ausrollen, idealerweise morgen. Doch die IT hat monatelang an einem Security-Upgrade gearbeitet und verschiebt alle anderen Deployments. Oder umgekehrt: Das technische Team führt ohne Rücksprache ein komplexes Framework-Update aus – und plötzlich brechen wichtige Tracking-Elemente, Rankings fallen, Conversions sinken. Solche Szenarien sind gar nicht so selten, wie man denkt.

Diese Konflikte entstehen nicht aus bösem Willen. Es sind strukturelle Probleme – zwei Silos mit unterschiedlichen KPIs: Der eine wird an Reichweite, Leads und Engagement gemessen, der andere an Systemstabilität, Sicherheit und Wartbarkeit. Und solange diese Metriken nicht verknüpft werden, kämpft jede Abteilung für sich.

Der Preis des Stillstands

Wer einmal erlebt hat, wie eine Website über Wochen „in Review“ festhängt, weil die Abteilungen ihre Prioritäten nicht abstimmen können, weiß, wie teuer das ist – nicht nur finanziell, sondern auch in Bezug auf Motivation und Chancenverlust. Technikteams entwickeln aus Vorsicht eine Abwehrhaltung, Marketing verliert Vertrauen, und SEO-Möglichkeiten verschwinden, bevor sie umgesetzt werden können.

Ich erinnere mich an ein global agierendes Unternehmen, das mich engagiert hatte, um seine organische Sichtbarkeit zu verbessern. Obwohl die Geschäftsführung volle Unterstützung versprach, scheiterte das Projekt beinahe an dem, was ich scherzhaft die „IT-Linie des Todes“ nannte: eine Projektschlange, in der jedes Vorhaben theoretisch gleich wichtig war – in der Praxis aber nichts nachrückte. Ressourcen blieben konstant, Anforderungen explodierten. Wir konnten nur Fortschritte erzielen, indem wir SEO-Verbesserungen direkt in bestehende IT-Projekte eingewoben – also nicht mehr als Sonderwunsch, sondern als Teil der Standardprozesse verankerten.

Wenn Performance zum Feind der Sichtbarkeit wird

Ein anderes Beispiel stammt aus einem Technologieunternehmen, dessen Serverteam ausgerechnet Google und andere Crawler blockiert hatte – aus Angst vor zu hoher Serverlast. Ihr KPI war eine beinahe unrealistische Uptime-Zahl. Marketing dagegen wurde an organischem Wachstum gemessen. Du kannst dir vorstellen, wie diese beiden Zielsysteme kollidierten: absolute Stabilität gegen maximale Sichtbarkeit.

Erst nach etlichen Testreihen konnten wir nachweisen, dass Crawler-Traffic keine Bedrohung darstellt. Aber bis dahin hatte das Unternehmen Monate wertvoller Suchpräsenz verloren. Das zeigt, wie zerstörerisch unterschiedliche Perspektiven und fehlende Abstimmung sein können.

SEO als Produkt – nicht als Zusatz

Über die Jahre hat sich der Ansatz etabliert, SEO nicht mehr als Kampagne, sondern als Produkt zu verstehen. Das bedeutet: Es hat einen Lebenszyklus, eine Roadmap, klare Owner und kontinuierliche Weiterentwicklung. Diese Denkweise zwingt Marketing und Technologie zur Zusammenarbeit, denn sie verbindet technische Architektur mit Nutzererlebnis, Content und Performance.

Statt zu diskutieren, ob SEO „Marketing oder IT“ ist, sollte man fragen: Wie kann es zu einem festen Bestandteil des Produktentwicklungsprozesses werden? Sobald das gelingt, ändert sich alles – Zeitpläne, Prioritäten, Kommunikation. Und ganz nebenbei verschwinden viele der typischen Blockaden.

Wie aus Reibung Zusammenarbeit wird

Ein paar praktische Dinge, die Organisationen konkret umsetzen können, um aus dieser Spannung Kraft zu gewinnen:

1. Gemeinsame Roadmaps

Lass CMO und CTO von Beginn an gemeinsam an Website- und Produktinitiativen planen. Wenn beide Seiten früh eingebunden sind, werden kreative Anforderungen und technische Grenzen synchron gedacht – statt sich später gegenseitig auszubremsen.

2. Gemeinsame Kennzahlen

Definiert verbundene KPIs: Geschwindigkeit, Core Web Vitals, Conversion Rate nach Traffic-Quelle, Indexierungsraten, Uptime, Content-Engagement. Diese Metriken bilden eine gemeinsame Realität ab – eine, in der Erfolg sowohl technisch als auch geschäftlich messbar ist.

3. Cross-funktionale Teams

Ein gemischtes „Growth Team“ aus Entwicklern, SEOs, Content-Strategen und Designern reduziert die üblichen Kommunikationshürden. Probleme werden direkt im Entstehungsprozess gelöst, statt über Tickets, Mails und Meetings auszuprobieren, was schon wieder nicht geht.

4. Sichtbarkeit als Gemeinschaftsaufgabe

Sichtbarkeit im Netz ist kein Kapital, das nur Marketing verwaltet. Sie entsteht aus Technologie, Sicherheit, Inhalteffizienz und Governance. Wenn Teams hierfür gemeinsame Service-Level-Ziele festlegen, steigt die Verantwortung – und das Ergebnis verbessert sich spürbar.

Wenn die Führung Verantwortung übernimmt

Oft braucht es jemanden ganz oben – CEO oder COO –, der das alte Schwarz-Weiß-Denken aufbricht. Wachstum und Sicherheit sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Erst wenn das Management diese Balance aktiv vorgibt, verschiebt sich die Kultur: von „Wer hat recht?“ zu „Wie schaffen wir gemeinsam mehr Wert?“.

Dafür ist nicht unbedingt mehr Budget nötig, sondern Klarheit im Auftrag: Jede große Web-Entscheidung betrifft heute gleichermaßen Marke, Technik und Nutzererlebnis. Wer das versteht, nimmt sich automatisch Zeit für gegenseitiges Verständnis.

Web = Wachstum

Ein entscheidender Gedanke, den ich aus vielen Projekten mitgenommen habe: Deine Website ist kein Marketingwerkzeug – sie ist dein Wachstumsmotor. Erst die Verschmelzung aus Technologie, SEO und Performance macht sie zu einem strategischen Asset. Wenn Marketing und IT erst dann miteinander reden, wenn etwas schiefläuft, ist es schon zu spät.

Die Teams, die indexierbare, schnelle und stabile Seiten von innen heraus bauen, gewinnen langfristig. Nicht, weil sie perfekt sind, sondern weil sie aus Dialog Prozesse machen. Das ist der Unterschied zwischen Aktionismus und strukturellem Fortschritt.

Vom Machtkampf zur Allianz

Heute – mit KI-gestützter Suche, multimodaler Informationssuche und steigenden Kundenerwartungen – wird klar: Marketing braucht Technologie ebenso wie Technologie Marketing braucht. Kreativität ohne technisches Fundament ist kurzlebig. Technologie ohne Emotion bleibt unsichtbar.

Deshalb muss sich das Verhältnis zwischen CMO und CTO von Konkurrenz zu Kooperation entwickeln. Wenn dieser Wandel gelingt, entsteht eine Partnerschaft, die Performance nicht nur misst, sondern erzeugt. Die Website wird dann nicht länger ein politischer Schauplatz, sondern das gemeinsame Fundament für wirtschaftlichen Erfolg.

Und am Ende, so banal es klingt: Wenn sich beide Seiten regelmäßig zusammensetzen, ihre Ziele und Bedenken austauschen, geschieht etwas Magisches – sie beginnen, dieselbe Sprache zu sprechen.

Fazit: Keine Abteilung wird allein den digitalen Erfolg einer Organisation tragen. Erst die enge, echte Zusammenarbeit zwischen kreativer Vision und technischer Exzellenz schafft nachhaltiges Wachstum – und verwandelt Konflikt in Kompetenz.

Tom Brigl

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